Am 07.03.2019 fand in Utrecht die Abschlusskonferenz des europäischen Forschungsprojekts „SmarterLabs“ (Improving Anticipation and Social Inclusion in Living Labs for Smart City Governance) statt. Im Folgenden finden Sie einen Bericht über die Konferenz. (English Version below).
Ziel dieses Projekts war es, grundsätzliche Herausforderungen für das Upscaling nachhaltiger (Mobilitäts-)Lösungen zu identifizieren und Empfehlungen für transdisziplinäre Forschung in LivingLabs zu erarbeiten, so dass diese Herausforderungen von Anfang an besser berücksichtigt werden können.
Diese grundsätzliche Fragestellung nach einem gelingenden „Upscaling“ ist auch im Projekt UrbanUp zentral: Wie können gute Einzelbeispiele für nachhaltiges Sharing oder bottom-up Quartiers-Initiativen sich verbreiten und zu einer gesellschaftlichen Nachhaltigkeitstransformation insgesamt wirkungsvoll beitragen? Was können wir aus transdisziplinären Forschungsprojekten, aus Experimenten in Reallaboren, lernen und dazu beitragen, dass das Gelernte anschlussfähig (in Wissenschaft und Praxis) ist und neue Ideen oder Lösungen auch über den Projektzeitraum hinaus Bestand haben?
Im Projekt „SmarterLabs“ wurden 10 Guidelines entwickelt, die dazu beitragen sollen, Hürden für Upscaling möglichst frühzeitig zu berücksichtigen, und so Experimente in LivingLabs tatsächlich langfristig Wirkung entfalten können. Dabei werden zentrale Punkte behandelt, wie bspw. die Berücksichtigung limitierter Ressourcen auf Seiten der involvierten Praxispartner*innen und Bürger*innen, die Einbindung wirklich aller relevanten Akteure, ein kritischer Umgang mit Machtstrukturen und insbesondere das frühzeitige Sicherstellen der Anschlussfähigkeit an den lokalen (politischen) Kontext und die gesellschaftliche Debatten. Gemeinsam mit Forscher*innen aus weiteren europäischen Projekten wurden die Ergebnisse des Projektes SmarterLabs zu diesen Fragen diskutiert und Erfahrungen aus weiteren transdisziplinären Forschungsprojektkontexten geteilt.
In den Diskussionen um konkrete Aspekte nachhaltiger urbaner Mobilität und unterschiedlicher LivingLab-Ansätze aus den einzelnen Projekten, wurde immer wieder deutlich, dass es beim Begriff des Upscaling grundsätzlichen Klärungsbedarf gibt. Einerseits wird Upscaling in der Regel ökonomisch bzw. unternehmerisch verstanden, als die Phase, in der eine Idee oder ein Lösungsansatz in einen business case übersetzt und von Unternehmen zur Marktreife gebracht werden. Andererseits greift ein solches, eher klassisches, Innovationsverständnis zu kurz, wenn es um nachhaltige Lösungen und gesellschaftliche Transformationsprozesse geht: Hier wird Upscaling dann deutlich umfassender verstanden, als ein Veränderungsprozess, der nicht primär darauf aus ist, Innovationen in bestehende Marktstrukturen zu bringen, sondern marktliche und gesellschaftliche Strukturen grundlegend verändert. Aus diesem Verständnis heraus wird deutlich, warum LivingLab- und ähnliche transdisziplinäre Ansätze die Idee des Experimentierens und der Wissensintegration so stark in den Vordergrund stellen: Für ein umfassendes Upscaling braucht es Lernprozesse in Unternehmen, Politik und Gesellschaft, die bestehende Strukturen und Praktiken in Frage stellen und alternative Lösungsansätze denk- und erfahrbar machen.
Aus der Erfahrung der vorgestellten Projekte sind folgende Aspekte besonders zentral, um Lernprozesse und Upscaling im Kontext von LivingLabs zu gewährleisten: Experimente und Interventionen, die in LivingLabs durchgeführt werden, sollten von einem guten Erwartungsmanagement gegenüber allen involvierten Akteuren begleitet werden. Es sollte klar kommuniziert werden, was gelernt werden soll, was Ziele des Experiments sind und wo zeitliche und inhaltliche Begrenzungen liegen. Lernen muss auch aus Fehlern möglich sein, ein Experiment muss scheitern dürfen (sonst ist es keines), hierzu muss eine entsprechende Kultur oft noch geschaffen werden. Um ein Upscaling, also die Übertragung des Gelernten in eine dauerhafte Praxis zu ermöglichen, müssen relevante Partner in Wissenschaft und Praxis – auch über die ohnehin Engagierten hinaus – identifiziert und eingebunden werden. Es muss ein Umgang mit den unterschiedlichen Arbeitsweisen, Organisationslogiken, Zeithorizonten und Sprache der wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Beteiligten gefunden werden – dazu braucht es in der Regel zeitliche und finanzielle Ressourcen sowie intermediäre Akteure, die zwischen verschiedenen Perspektiven vermitteln können. Diese Punkte zielen im Grunde darauf ab, dass Experimente eingebettet sind in bestehende institutionelle Kontexte und gesellschaftliche Debatten und damit überhaupt Potential entwickeln, diese auch zu verändern.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Erfahrungen aus den hier vorgestellten Projekten und die in SmarterLabs entwickelten Guidelines kein „Patentrezept“ zur erfolgreichen Umsetzung und Skalierung transdisziplinärer Forschungsergebnisse bieten. Sie machen aber deutlich, dass das „Upscaling“ von transdisziplinär entwickelten Lösungsansätzen ein ergebnis-offener und komplexer Transformationsprozess ist, für den es ein lineares Management gar nicht geben kann. Trotzdem lassen sich grundlegende Prinzipien (s. 10 Guidelines) formulieren, die auf einen spezifischen lokalen Anwendungsfall angepasst werden können und zu einer frühzeitigen Reflexion des Lernprozesses und der Upscaling-Potentiale anregen.
Die während des Workshops diskutierten Herausforderungen lassen sich als Dilemmata auf verschiedenen Ebenen charakterisieren, die als solche auch im Projekt UrbanUp untersucht werden: 1) Dilemma in konkreten Entscheidungssituationen in der Praxis: wofür werden begrenzter Raum oder begrenzte Ressourcen eingesetzt, wenn es kein einfaches, nachhaltiges win-win gibt? 2) Upscaling-Dilemma für (theoretische/konzeptionelle) Transformationsforschung: Wie können alternative Lösungen einerseits an bestehende Strukturen anschließen, und gleichzeitig zu deren Veränderung beitragen bzw. im Extremfall diese auch zerstören? 3) Upscaling-Dilemma für (methodische/Td) Transformationsforschung: Experimente und das Entwickeln und Erproben von Nachhaltigkeitslösungen müssen einerseits in lokale Kontexte eingebettet sein, und gleichzeitig möglichst Wissen generieren, das auch auf andere Fälle und Kontexte übertragen werden kann.
Forum on Upscaling Urban Experiments, 07.03.2019, Utrecht
On March 7th, 2019 the final conference of the research project “Smarter Labs” (Improving Anticipation and Social Inclusion in Living Labs for Smart City Governance) took place in Utrecht. The aim of the project was to identify obstacles for upscaling sustainable (mobility) solutions and to develop recommendations for transdisciplinary research in LivingLabs, in order to deal with such obstacles early on.
The key question regarding the conditions for successful upscaling is also one of the central concerns in the research project UrbanUp: how can individual examples of sustainable sharing practices or bottom-up initiatives be scaled and thus contribute to wider sustainability transitions? What can we learn in transdisciplinary research projects, how can we make sure that what has been learned is applicable in science and practice, and how can new ideas and solutions have an impact beyond the scope and timeframe of a specific research project?
Researchers in the project “SmarterLabs” have developed 10 guidelines, that can help identify obstacles for upscaling early on, so that experiments in LivingLabs can be designed with the aim of a longer term impact. Key issues or obstacles are related to the fact that civil society partners often lack the resources to participate in research projects, failure to involve all relevant stakeholders, need for a more critical perspective on inherent power structures and the need to connect to local (political) contexts and societal debates. Together with researchers from other projects, the results of the SmarterLabs project were being discussed and experiences from other transdisciplinary research contexts were shared.
In the discussion of specific aspects related to sustainable urban mobility and the different LivingLab approaches in various projects, it became obvious that the concept of upscaling still needs to be clarified: on the one hand, upscaling is understood as a more or less economic or entrepreneurial term, describing the phase in a transition where an idea or a solution becomes a business case and is successfully introduced into the market by companies. On the other hand, such a more traditional innovation process does not really capture the breadth and complexity of sustainability transitions: in this context, upscaling is not so much about introducing innovations into established systems, but rather a process where societal and market structures are radically altered. Based on such a broader understanding of upscaling, a focus on experimenting and knowledge integration in LivingLabs and similar transdisciplinary approaches is key: upscaling that aims at deep-structural change requires learning processes in business, politics and society, which question established practices and routines and which make alternative solutions conceivable and a practical experience.
The following aspects seem to be critical for enabling learning and upscaling processes in the context of LivingLabs: experiments and interventions need to be accompanied by a sound expectation management towards all stakeholders. There needs to be clear communication regarding the learning objectives and goals of an experiment as well as its boundaries. A learning culture needs to be created that values learning from mistakes – an experiment must be allowed to fail (otherwise it is not really an experiment at all). The potential for upscaling also increases when all relevant partners in science and practice – not only those already convinced of a specific idea – are being engaged and involved. Ways need to be found of working with different internal professional and organizational logics, different time horizons and languages of the involved partners. This, in turn, requires time and financial resources as well as intermediary actors that can mediate between the different perspectives. All of the aspects mentioned above basically aim at the embedding of experiments in their institutional contexts and societal debates, so that they can develop the potential to eventually change them.
In sum, experiences from the presented projects and the guidelines developed in the SmarterLabs project do not offer a blueprint applicable to all transdisciplinary research processes and they are no magic formula for successful upscaling. However, they clearly show that upscaling solutions developed in transdisciplinary research is in itself a complex and open-ended transformation process, which cannot be managed in straightforward or linear ways. Therefore, basic principles (such as those formulated in the 10 guidelines) need to be adapted to local project contexts and can then be an important step towards early reflection of the learning process and upscaling potential.
The challenges for upscaling discussed during the workshop can be characterized as dilemmas at different levels, which we also focus on in the project UrbanUp: 1) dilemma of decision-making in practice: how do we utilize limited space or limited resources in cases of conflict, when there is no easy “win-win” for sustainability? 2) conceptual dilemma in transition theory: how can alternative solutions be successfully embedded in existing structure and systems, while at the same time contribute to changing or disrupting them? 3) methodological dilemma in transdisciplinary research: experiments need to be embedded in local contexts for them to really “work” and provide solutions for concrete problems, while at the same they should generate knowledge that is generalizable and transferable to other cases and contexts.
Autorin: Jun.-Prof. Dr. Karoline Augenstein